ZfdA 138 (2009), S. 556f.

Mittelalter-Philologie im Internet

34. Beitrag: Die Online-Bibliographie 'Forschungsliteratur zu deutschsprachigen Handschriften des Mittelalters' im 'Handschriftencensus'

von Christine Glaßner

Die Erstellung des 'Marburger Repertoriums deutschsprachiger Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts'(1) und weiterhin des 'Handschriftencensus'(2) sowie des 'Marburger Repertoriums der Freidank-Überlieferung'(3) und des 'Paderborner Repertoriums der deutschsprachigen Textüberlieferung des 8. bis 12. Jahrhunderts'(4) erbrachte eine Fülle von Forschungsliteraturnachweisen zu deutschsprachigen Hss. des Mittelalters, die - zunächst nur in den Einzelbeschreibungen der Hss. angeführt - sich der Darstellung in einem kumulierten und strukturierten, an den Bedürfnissen des mediävistischen Benutzers orientierten Online-Verzeichnis förmlich aufdrängte.

Derzeit umfaßt die Sammlung der bibliographischen Einheiten der Forschungsliteratur­datenbank mehr als 13'700 Titel, auf die in insgesamt knapp 57'000 Literaturzitaten in den einzelnen Handschriftenbeschreibungen verwiesen wird (Stand: August 2009). Die aktuellen Zugriffsmöglichkeiten erschließen sich bei Aufruf der Website 'Forschungsliteratur' (http://www.handschriftencensus.de/forschungsliteratur):

1) Ein Suchfeld ermöglicht eine mittels dreier unterschiedlicher Suchstrategien durchführbare Volltextsuche nach Wörtern oder Wortteilen (UND / ODER / Phrasensuche), wobei die Eingabe eines Trunkierungszeichens nicht nötig ist, da Links- und Rechtstrunkierung automatisch erfolgt. Über diesen Zugang kann der Nutzer durch eine Abfrage nach Autoren der Forschungsliteratur, Titelstichwörtern, Zeitschriften, Reihen, Erscheinungsjahren etc. rasch zur gewünschten Auswahlanzeige gelangen.

2) Durch Anklicken des Links 'Gesamtliste' werden alle Einträge alphabetisch aufsteigend nach Autor oder Ordnungswort in Listenform angezeigt. Wegen des großen Umfangs der Liste muß allerdings mit längeren Wartezeiten gerechnet werden.

3) Die Anzeigeauswahl 'Neuerscheinungen' generiert eine Liste der im laufenden und vergangenen Jahr publizierten Forschungsliteratur. Die Arbeitsgruppe 'Handschriften­census' ist um Aktualität bemüht, deshalb werden Neuerscheinungen und rezente Literatur bevorzugt ausgewertet, ältere Literatur wird nach Maßgabe der vorhandenen Ressourcen vermerkt.

4) Neu seit Juli 2009 ist die Anzeigemöglichkeit 'Handschriftenkataloge und -verzeichnisse'. In dieser Liste werden Handschriftenverzeichnisse nach Orten, dann nach Bibliotheken, dann (standardmäßig) chronologisch absteigend sortiert angezeigt, wobei optional auch eine alphabetische Sortierung angeboten wird.(5)

Über den Link [Hss.] am Ende jedes erfaßten Titels kann – sofern dieser bereits für die Handschriftenbeschreibungen des 'Handschriftencensus' ausgewertet wurde - eine Liste jener Handschriftensignaturen angezeigt werden, in deren Beschreibung der entsprechende bibliographische Nachweis erscheint; ein Mausklick führt von der Übersicht zur Vollanzeige des ausgewählten Handschriftenartikels.

Die Arbeitsgruppe 'Handschriftencensus' hat sich zum Ziel gesetzt, auch für den Teilbereich 'Forschungsliteratur' die rasch wachsenden Möglichkeiten digitaler Bibliotheken für die Forschung nutzbar zu machen und zu propagieren. Dies erfolgt durch den Link [online] nach dem jeweiligen bibliographischen Eintrag, über den im Internet kostenfrei zugängliche Titel angesteuert und meist auch als PDF-Datei heruntergeladen werden können. Derzeit sind ca. 14 % oder rund 1850 Forschungsliteratureinträge, die sich überwiegend auf Publikationen des 18. und 19. Jh.s beziehen, mit einer derartigen Online-Verknüpfung versehen.

Nicht nur die zuletzt genannten Merkmale unterscheiden die in den 'Handschriftencensus' integrierte Datenbank 'Forschungsliteratur' von meist auf einzelne Bibliotheken beschränkten Forschungsdokumentationen zu mittelalterlichen Hss.: Darüber hinaus wird jeder bibliographische Eintrag erst online gestellt, nachdem er anhand der (gedruckten) Vorlage oder eines digitalen Faksimiles in Autopsie eingesehen und korrekturgelesen wurde. Damit soll die Verläßlichkeit der bibliographischen Angabe und ihre Zitier­fähigkeit gewährleistet werden.

Daß ein derartiges Unterfangen weder von einer Einzelperson noch von einer kleinen Gruppe in absehbarer Zeit durchgeführt, vervollständigt oder gar auf dem aktuellsten Stand gehalten werden kann, versteht sich von selbst. Die Forschergemeinde ist deshalb eingeladen, dieses als 'work in progress' definierte Unternehmen nicht nur zu nutzen, sondern auch zu befördern, indem sie ihre Publikationen und Forschungsergebnisse in das Online-Projekt einfließen läßt. Dieser kollaborativen Idee dient die Mitteilungsfunktion am Ende jeder Handschriftenbeschreibung; jedoch können bibliographische Hinweise, Ergänzungen und Korrekturen auch per Email an die für die 'Forschungsliteratur' verantwortlichen Mitglieder der Arbeitsgruppe gerichtet werden.

Für die Arbeitsgruppe: Dr. Christine Glaßner, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Zentrum Mittelalterforschung, Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, Wohllebengasse 12-14 / 5. Stock, A-1040 Wien
E-Mail: christine.glassner@oeaw.ac.at

Anmerkungen:

  1. Vgl. http://www.mr1314.de/
  2. Vgl. http://www.handschriftencensus.de/
  3. Vgl. http://www.mrfreidank.de/
  4. Vgl. http://www.paderborner-repertorium.de/
  5. Dieses Verzeichnis versteht sich als Ergänzung bereits online verfügbarer Sammlungen von Handschriftenverzeichnissen wie etwa P. O. Kristeller, Latin Manuscript Books before 1600. A List of the Printed Catalogues and Unpublished Inventories of Extant Collections, 5. Aufl. (2003) bearb. von S. Krämer (Online-Fassung: http://www.mgh-bibliothek.de/kristeller), und B. Pfeil, HandschriftenkatalogeOnline. Zusammenstellung in- und ausländischer Handschriften­kataloge und Handschriftendatenbanken, die über das Internet zugänglich sind (http://www.uni-erfurt.de/amploniana/handschriftenkatalogeonline).
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